Johannes 1, 12:  „Aber denen, die ihn aufnahmen, verlieh er das Recht, Gottes Kinder zu werden. – Das sind alle, die an ihn glauben.“ —-

Ich kannte diesen Text schon lange, bevor er mein Herz wirklich erreichte. Erst als das passierte, wurde mir klar, was Gotteskindschaft eigentlich bedeutet: frei sein von Angst vor Gott und von religiösen Zwängen, dankbar und zuversichtlich leben, inneren Frieden und Hoffnung haben, Geborgenheit spüren und sich auf die Wiederkunft Jesu freuen, aus Überzeugung und freien Stücken die Nähe Gottes suchen und seine Werte übernehmen – um nur einige Aspekte zu nennen.

Ich habe darüber gepredigt und erlebt, wie Menschen mich anschließend aufgebracht ansprachen: „Das kannst du so nicht sagen!“ Ich habe erfahren, dass ihr Selbstverständnis vor Gott eher dem eines unsicheren Zeitarbeiters als dem eines geliebten Kindes entsprach, dass sie lieber Gott misstrauten, als sich über sein Geschenk zu freuen.

Das kenne ich aus eigener Erfahrung, an fehlendem Bibelwissen konnte es bei mir allerdings nicht liegen, weshalb ich so lange brauchte, bis mich der Andachtstext innerlich erreichte und veränderte. Als Pastor wusste ich, dass die Adoption durch Gott eine der zentralen Aussagen des Neuen Testaments ist, wenn es um die Frage geht, wer ich bin. Auch an fehlender Betonung der biblischen Aussagen, ob durch Predigten, begeisternde Aufrufe oder emotionale Bekenntnisse, konnte es nicht liegen, denn all das hatte ich mehrfach erlebt, auf Jugendkongressen und in Gottesdiensten. Doch mein Herz wurde nicht erreicht.

Dann kam eine Krise und ich musste mich entscheiden: Entweder ich verlasse mich radikal auf das, was Johannes in unserem Bibelwort sagt, oder ich werfe die Bibel über Bord; entweder ich lasse alle Vorbehalte, Bedenken und heimlichen Ängste los oder mein Glaube bleibt eine Qual.

Ich habe mich fürs Loslassen entschieden, in aller Radikalität – und mein Gotteskindsein nahm spürbare Gestalt an. Weniger als Gefühl, mehr als Bewusstsein, nicht als vage Hoffnung, sondern als belastbare Grundlage. Etwa so, wie meine Kinder wissen, dass ich ihr Vater bin. Das eigentliche Problem lag also nicht in meiner Unkenntnis, sondern in meiner Angst, mich ganz auf Gottes Geschenk zu verlassen. Vielleicht hast auch du damit zu kämpfen; dann lass dich von dieser Andacht ermutigen, ihm ganz zu vertrauen.

Text: Heinz-Ewald Gattmann

© Advent-Verlag Lüneburg – mit freundlicher Genehmigung