Andacht zu Matthäus 18, 6

Matthäus 18, 6:  „Wer aber eines dieser Kinder, die mir vertrauen, vom rechten Glauben abbringt, für den
wäre es besser, er würde mit einem schweren Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen
werden.​“ —-

Seit 1966 ist der 27. Januar in Deutschland offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 1945 befreite die damalige sowjetische Armee die Gefangenen des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz.

Zweimal hatte ich in den letzten Jahren die Möglichkeit, Yad Vashem zu besuchen, die Gedenkstätte in Jerusalem, die an die  nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert und sie wissenschaftlich dokumentiert. Beide Male hat mich ein Denkmal am meisten
beeindruckt: jenes, das den 1,5 Millionen ermordeten jüdischen Kindern gewidmet ist. Es ist eine völlig dunkle Halle, die in einer unterirdischen Höhle angelegt ist. Erst nach und nach sieht man im Gewölbe einen Sternenhimmel, der durch fünf Kerzen und Spiegel entsteht. Die Stille wird nur durch eine Tonbandstimme unterbrochen: Sie liest die Namen, das Alter und den Geburtsort der Kinder vor. Pausenlos. Ungefähr drei Monate braucht das Endlosband, um alle Namen wiederzugeben.

Welche Trauer und Betroffenheit muss Jesus Christus empfunden haben, der die Kinder so sehr geliebt, geachtet und wertgeschätzt hat (Mt 18,1–5)! Wie betroffen muss er darüber sein, dass Kinder heute weltweit leiden – unter Vernachlässigung, Ausbeutung und
Missbrauch!

Dunkelfeldforschungen aus den vergangenen Jahren gehen davon aus, dass in Deutschland jede/r Siebte bis Achte sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend erlitten hat. Die Weltgesundheitsorganisation geht von rund 18 Millionen Minderjährigen aus, die in Europa von sexueller Gewalt betroffen sind. Den Menschen, die den Schwächsten unserer Gesellschaft so viel Leid angetan haben, galten die wohl härtesten Worte von Jesus, die in den Evangelien berichtet werden (wie im heutigen Bibeltext). Eines Tages wird er als Weltenrichter diesem Elend ein Ende bereiten
und die Täter zur Rechenschaft ziehen. Dann werden wir gezeigt bekommen und auch verstehen, warum er nicht verhindert hat, was  geschehen ist. Am Ende wird jeder zugeben: Gott ist wirklich beides, die Liebe und die Gerechtigkeit in Person!

Text: Elí Diez-Prida

© Advent-Verlag Lüneburg – mit freundlicher Genehmigung