Psalm 31, 9: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ —-
Die Seebrücke von Graal-Müritz ragt imposante 350 Meter auf die Ostsee hinaus. Ich stehe auf der Plattform, die Sonne ist gerade untergegangen, der Himmel und die Wolken beschenken mich mit einem spektakulären Farbenspiel. Ob ich meinen Kopf nach links oder nach rechts drehe, ich sehe nur das Meer und den Himmel, es ist ein fantastischer Ausblick.
Eine steife Brise weht mir um die Ohren, unter meinen Füßen rauschen die Ostseewellen. Trotzdem stehe ich fest und gut, denn diese Seebrücke ist sehr solide und das Geländer gibt mir zusätzlich Halt und Sicherheit. Ich genieße diese Situation, das Licht, diese Weite, die Frische.
„Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Dieses Psalmwort kommt mir in den Sinn, es passt für mich so treffend auf diese Situation, dass ich ganz still werde.
Der Halbsatz des heutigen Andachtstextes steht allerdings im Zusammenhang mit Anfechtungen, Anfeindungen, Angst und seelischer Not. Das gehört zu unserem Leben dazu. Ich bin den Psalmisten sehr dankbar, dass sie diese Aspekte nicht ausblenden, sondern sich auch damit ausführlich Auseinandersetzen. Gerade in solchen Situationen ist ein stabiler Stand besonders wichtig.
Der Text spricht zwar nicht von einem sicheren Stand, aber er sagt, dass es Gott ist, der mir diesen Stand schenkt. Wenn Gott mich auf meine Füße stellt, dann glaube ich fest daran, dass es ein guter Standort und auch ein sicherer Stand ist. Dann muss ich nicht zweifeln, ob ich richtig stehe. Und wenn ich dann noch einen weiten Blick bekomme – als Gegenstück zum dunklen Tal –, dann ist dieser Standort auch etwas zum Ruhigwerden, vielleicht auch zum Genießen. Ein weiter Raum ist das Gegenteil von Einengung und Zwängen, er ist ein Stück Freiheit. Ein weiter Blick erweitert meinen Horizont, öffnet mein Inneres.
Hier auf der Seebrücke, auf diesem weiten Raum, fühle ich eine tiefe innere Verbundenheit mit meinem Gott und weiß, dass er es gut mit mir meint. Ich wünsche mir, dass ich dieses gute Gefühl aus dem Urlaub mit nach Hause nehmen kann. Auch dir wünsche ich einen sicheren Stand im Leben und einen weiten Raum für deinen Ausblick. Vor allem aber wünsche ich auch dir diese Gewissheit, dass Gott es gut mit dir meint.
Text: André Zander
© Advent-Verlag Lüneburg – mit freundlicher Genehmigung