Andacht zu Römer 1, 16

Römer 1; 16:  „Denn ich schäme mich nicht für die Gute Nachricht. Sie ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt – an erster Stelle die Juden, dann auch die Griechen.“ —-

Im Jahre 1512 erkannte Luther im Turm des Wittenberger Klosters, dass der Mensch allein durch den Glauben gerecht wird. Das drängte ihn zur Reformation. Er vertrat es  öffentlich mit seinen 95 Thesen und verteidigte sie auf dem Reichstag zu Worms vor Papst und Kaiser. In zehn Wochen übersetzte er auf der Wartburg das Neue Testament. Luther schuf auch geistliche Lieder. Darin und in seinen vielen Schriften und Streitgesprächen vertrat er unermüdlich: Der Mensch wird allein durch den Glauben vor Gott gerecht. Luther hat die Bedeutung des Evangeliums in den vier Soli – „Allein“ – zusammengefasst. Drei sind Geschenke Gottes an uns: Gnade, sein Wort und Christus. Uns bleibt allein der Glaube.

Traf dieser große Theologe immer die richtigen Entscheidungen? Leider nicht. Als der Bauernaufstand im Münsterland gegen ihre Landesherren zu kriegerischen Auseinandersetzungen führte, verfluchte Luther die Bauern und riet den Fürsten, den Aufstand mit Gewalt niederzuschlagen. 1523 gab Luther in seiner Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ den deutschen Landesherrschern schreckliche Ratschläge, wie sie mit den Juden umgehen sollten: ihre Synagogen und Wohnhäuser verbrennen, den Talmud und Gebetsbücher einziehen, ihr Vermögen konfiszieren, sie aus dem Land vertreiben, weil sie das Christentum beschimpft haben.

Luther war nicht immer ein Glaubensheld und wusste das auch. Vor vielen Jahren fand ich eine Postkarte mit folgendem Luthertext: „Meine Hoffnung. Mir ist es bisher wegen angeborener Bosheit und Schwachheit unmöglich gewesen, den Forderungen Gottes zu genügen. Wenn ich nicht glauben darf, dass Gott mir um Christi willen dies täglich beweinte Zurückbleiben vergebe, so ist’s aus mit mir. Ich muss verzweifeln. Aber das lass ich bleiben. Ich hänge mich an den Hals oder Fuß Christi wie die Sünderin. Ob ich auch noch schlechter bin als diese, ich halte meinen Herrn fest. Dann spricht Christus zum Vater: ‚Dieses Anhängsel muss auch durch. Er hat zwar nichts gehalten und alle deine Gebote übertreten. Vater, aber er hängt sich an mich. Was will’s! Ich starb auch für ihn. Lass ihn durchschlüpfen!‘ Das soll mein Glaube sein.“

Text: Joachim Hildebrandt

© Advent-Verlag Lüneburg – mit freundlicher Genehmigung