Andacht zu Römer 12, 18

Römer 12, 18:  „Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden!“ —-

Wäre das nicht zu schön, um wahr zu sein: mit allen Menschen in Frieden leben!?

Vermutlich schon. Aber es gibt gute Gründe in unserem Leben, dem Frieden nicht zu trauen. Allzu oft haben wir
Gegenteiliges erlebt.

Und doch geht es gerade um die Möglichkeit. Wir können ihn ermöglichen, sollen „dem nachstreben, was zum Frieden dient“ (Röm 14,19). Denn bereits in diesem Bemühen liegt der Segen, wie Jesus in der Bergpredigt deutlich macht: „Wahres Glück haben die, die sich ganz für den Frieden einsetzen“ (Mt 5,9 Das Buch).

In dem Film Minari – Wo wir Wurzeln schlagen (2020) gibt es eine Szene, die eindrucksvoll illustriert, wie das gelingen könnte. Die koreanische Familie Yi versucht sich im ländlichen Arkansas der 1980er-Jahre ein neues Leben aufzubauen. Für die Ehefrau und Mutter platzt der amerikanische Traum bereits, als sie ihr neues Zuhause betreten: ein abgewirtschafteter Wohnwagen im Niemandsland. Als eines Abends deshalb ein Streit eskaliert und sich die Eltern Vorwürfe an den Kopf schleudern, ziehen sich die beiden Kinder, David und seine ältere Schwester Anne, in ihr Zimmer zurück. Während in der Küche der Streit lautstark weitertobt, beginnen sie zu basteln. Sie falten Papierflieger, die sie bunt bemalen und mit Botschaften wie „Hört auf zu streiten“ beschriften. Dann wagen sie sich vorsichtig an die Tür zur Küche und „feuern“ aus sicherer Distanz ihre Friedensflieger auf die Eltern ab. Diese landen direkt vor den Füßen der streitenden Eltern, die perplex aufschauen, die Kinder bemerken und den Streit unverzüglich beenden. Erst die
Perspektive der Kinder bewirkt, dass die Eltern auf das große Ganze blicken.

Vielleicht hatte Jesus genau das im Sinn, als er seine Nachfolger dazu aufrief, Friedensstifter zu sein: kreative Wege zu finden, die Botschaft des Friedens inmitten des Konfliktherds zu platzieren und so eine überraschende Wende zum Guten hin zu bewirken. Gott möchte, dass wir das große Ganze in den Blick nehmen. Er gebe uns die Weisheit, zu erkennen, wo Rückzug geboten ist, die Kreativität, eine treffende Antwort zu formulieren, und den Mut, uns für den Frieden dort einzusetzen, wo er gerade am dringlichsten benötigt wird.

Text: Daniel Wildemann

© Advent-Verlag Lüneburg – mit freundlicher Genehmigung